Das Bündnis Grundeinkommen sammelt Unterschriften, um bei der Bundestagswahl anzutreten.

OFFENBURG. Menschen überzeugen, Unterschriften für eine Kandidatenliste sammeln, das Parteiprogramm mit Leben füllen: Aus der bundesweiten Bürgerbewegung, die sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen einsetzt, wird auch im Ortenaukreis eine Partei; die Gründung von „Bündnis Grundeinkommen“ fand im September 2016 in München statt.

Ziel ist es, in allen Bundesländern mit einer eigenen Liste auf den Wahlformularen zu stehen.

Im Ortenaukreis hat sich bisher die lose Interessensgemeinschaft für ein bedingungsloses Grundeinkommen Ortenau (IGBGO) in den vergangenen Jahren mit Aktionen, Workshops und Vorträgen für die Idee eingesetzt. Jetz trafen sich nun Aktive der IGBGO in Offenburg, um Dieter Heß aus Herbolzheim, Schatzmeister des Landesverbandes der neuen Partei, kennenzulernen. Beim Treffen im Gasthaus Brandeck machten Fragen die Runde: Ist das Bündnis Grundeinkommen eher dem linken Spektrum zuzuordnen oder gar dem neoliberalen? Werden Wähler ihre Zweitstimme „opfern“ wollen? Wie stellt man die Idee am besten dar? Betont man Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung oder knackt man das komplexe Thema der Finanzierung? Was heißt es, von der Bewegung zu einer Partei zu werden?

Heß warb darum, den Gang durch die Institutionen zu wagen. Die Bewegung sei heterogen und bewusst pluralistisch, Ortsverbände wie bei etablierten Parteien gebe es nicht. Das Parteiprogramm kennt nur ein Thema. Zugleich lässt es noch immer Spielraum für Interpretationen. Der zweite unkonventionelle Aspekt, ist, dass die Partei über eine Zweitstimmenkampagne das Grundeinkommen salonfähig machen will, wie Heß erklärt: „Da es bei uns, anders als in der Schweiz, nicht die Möglichkeit gibt, über ein Volksbegehren alternative politische Ideen in Parlamente zu bringen, haben wir uns für die Zweitstimmenkampagne entschieden.“ So wolle man die etablierten Parteien dazu zwingen, sich mit der alternativen Form der Einkommenszusammensetzung, einem anders aufgebauten sozialen Sicherungssystem, einer anderen Lebens- und Arbeitskultur auseinanderzusetzen. „Das bedingungslose Grundeinkommen kann wie ein Trojanisches Pferd wirken“, illustriert Heß die Tragweite der Idee. Da meldet sich in der Runde Kritik zur Wortwahl. Es wird klar: Nun geht es nicht mehr allein um das offene Diskutieren, sondern um die Außenwirkung als Partei. Manche wollen nicht verunsichern, sondern andere Parteien einladen, Mitstreiter auf politischer Ebene zu werden.

Doch eine Zweitstimmenkampagne ist mit Hürden verbunden. Je nach Bevölkerungszahl im Bundesland müssten für eine Kandidatenliste zwischen 1200 und 2000 Unterschriften zusammengetragen werden. Zu Beginn des Treffens waren das für Baden-Württemberg immerhin schon 1200 von 2000 benötigten Unterschriften. Die zweite Hürde für die Grundeinkommenspartei ist das große Gewicht der Zweitstimme bei Bundestagswahlen: Sie entscheidet über die Sitzverteilung im Bundestag und legt damit die Mehrheitsverhältnisse für die Bildung einer Regierung fest. Diese Stimme wollen gerade strategische Wähler kaum an eine noch wenig bekannte Partei „verschenken“. Und selbst wenn die Grundeinkommenspartei fünf Prozent der Stimmen erringen würde: Sympathisierende Parteien würden dann wissen wollen, wie groß bei der Grundeinkommenspartei die Schnittmenge zum eigenen Parteiprogramm ist, merken einige an. Hier gehe es um klare Konzepte und Formulierungen: Sozial-, Friedens-, Finanzpolitik und Flüchtlingsdebatte scheinen in der Diskussion im Brandeck auf. Heß und mit ihm auch die Aktiven der IGBGO sehen die Partei aber noch nicht an diesem Punkt angekommen. Erst einmal wollen sie die Landesliste durchbringen.

Weitere Informationen online unter: http://www.buendnis-grundeinkommen.de

Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung.

von: Babette Staiger https://www.badische-zeitung.de/offenburg/bewegung-will-partei-werden–135627160.html