Das Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens mag noch immer utopisch klingen, dennoch hält es sich hartnäckig in der öffentlichen Diskussion. Das ist nicht zuletzt den zahlreichen Aktivisten geschuldet, die das BGE für den richtigen Weg in die Zukunft halten und versuchen, breitere Bevölkerungsschichten ebenfalls davon zu überzeugen. Neben Galeonsfiguren wie dm-Gründer Götz Werner gibt es zahlreiche lokale Initiativen, die sich für das Grundeinkommen einsetzen, wie etwa die Kölner Initiative Grundeinkommen.

Seit 2007 verfolgt der eingetragene Verein das Ziel, in der Öffentlichkeit für das BGE zu werben und ist Mitglied im bundesweiten Netzwerk Grundeinkommen.

Unter den Mitgliedern findet sich auch Felix Coeln, der 2010 zur der Initiative stieß. Sein „Erweckungserlebnis” in Sachen Grundeinkommen fand auf einem U-Bahnsteig statt, wie er sich erinnert. „Damals hatte die Initiative ‚Freiheit statt Vollbeschäftigung‘ dort ein Plakat mit ihren neun Thesen zur Arbeit aufgehangen – zum Beispiel, dass das Ziel der Vollbeschäftigung in Zeiten der fortschreitenden Automatisierung nicht mehr zu erreichen ist. Das fand ich damals so überzeugend, dass es bei mir Klick gemacht hat.“ Inzwischen ist Coeln im Vorstand der Kölner Initiative aktiv.

Der Kreis der Kölner Aktivisten ist nur klein – inklusive des dreiköpfigen Vorstands und rein zahlender Mitglieder zählt die Initiative etwa 35 Köpfe – aber umtriebig: So stellen sie sich in Einkaufsstraßen hinter Infostände, halten Vorträge und organisieren Tagungen und Podiumsdiskussionen. „Ich persönlich bin inzwischen dazu übergegangen, Vorträge möglichst kurz zu halten und schnell in die Diskussion mit den Leuten einzusteigen“, sagt Coeln. Jeden Mittwoch laden sie zu einer öffentlichen Veranstaltung ins Ehrenfelder Allerweltshaus ein und sind zweimal im Jahr auch bei öffentlichen Kundgebungen vertreten, nämlich beim Tag der Arbeit am 1. Mai und zur internationalen Woche des Grundeinkommens im September. Dabei versuchen sie, die Aufmerksamkeit der Passanten etwa mit einer „Bodenzeitung“ zu erregen. „Das ist eine Bodenplane, auf der die Frage ‚Was würden sie tun, wenn für ihre Einkommen gesorgt wäre?‘ und einige Antwortmöglichkeiten stehen. Auf den dazugehörigen Feldern können die Passanten mit roten Steinen ihre Antworten markieren.“

Nach Coelns Empfinden hat sich die Wahrnehmung des Themas in der Öffentlichkeit in den vergangenen Jahren durchaus verändert. „Am Anfang sind wir auf viel Unverständnis gestoßen und sind auch gerne mal als Kommunistenpack beschimpft worden. Aber inzwischen ernten wir auch viel Zustimmung und vor allem ist das Thema vielen Leuten bereits ein Begriff.“ Er führt dies nicht zuletzt auch auf die Aufmerksamkeit zurück, die die Volksabstimmung in der Schweiz zum Grundeinkommen und der praktische Feldversuch in Finnland bekommen haben. Ein lokal begrenztes Pilotprojekt kann sich Coeln auch in Deutschland vorstellen – etwa im Saarland, dass sich mit seiner überschaubaren Bevölkerung von circa einer Million Einwohner anbieten würde. „Die einzige Bedingung, die ich dabei stellen würde, wäre, dass Teilnehmer seit mindestens drei Jahren ihren ständigen Wohnsitz in dem betreffenden Gebiet haben müssten“, so Coeln.

Inzwischen hat sich mit dem „Bündnis Grundeinkommen“ sogar eine Ein-Themen-Partei gegründet, die das Thema in den Bundestagswahlkampf bringen will. Zwar steht das Grundeinkommen im Politikbetrieb derzeit nicht gerade ganz oben auf der Tagesordnung – doch Coeln ist optimistisch dass die Zeit für das BGE arbeitet und argumentiert mit einer Studie, nach der schon bis 2030 47 Prozent aller Arbeitsplätze durch die Automatisierung verloren gehen könnten. „Die Folgen, die Entwicklungen wie das selbstfahrende Auto haben werden, sind noch gar nicht absehbar. Wenn sich die Bedingungen ändern, kann vieles sehr schnell in Bewegung geraten.“ Schließlich habe auch Anfang 2011 noch niemand ahnen können, dass der Atomausstieg vier Monate später beschlossene Sache sein würde.

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