Ausgaben für bedingungsloses Grundeinkommen wären astronomisch 

Das bedingungslose Grundeinkommen hat berühmte Fürsprecher, wie Tesla-Chef Elon Musk und Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Die möglichen Bezieher sollen demnach das Geld nutzen, um sich fortzubilden, oder ein eigenes Unternehmen zu gründen. Allerdings haben Musk und Zuckerberg nicht gesagt, wie das alles bezahlt werden soll.

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Am 7. Januar starten offiziell die Sondierungen zwischen CDU/CSU und SPD über die Bildung einer Großen Koalition. Während die drei Parteien mit allerlei Forderungen in die Gespräche starten, spielt ein Thema keine Rolle: das bedingungsloses Grundeinkommen (BGE). Dabei hatten bei der Bundestagswahl 97.386 Bürger ihr Kreuzchen bei der Ein-Themen-Partei „Bündnis Grundeinkommen“ gemacht – das entspricht einem Zweitstimmenanteil von 0,2 Prozent.

Vier Merkmale des Grundeinkommens

Die Partei „Bündnis Grundeinkommen“ definiert sich selbst und ihre Ziele wie folgt: „Das Bündnis Grundeinkommen setzt sich für die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens ein. Ziel ist, mithilfe des Bedingungslosen Grundeinkommens allen Menschen die Existenz zu sichern und eine demokratische Teilhabe am Gemeinwesen zu ermöglichen. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen zu verstehen.“ Die vier Merkmale eines derartigen Einkommens seien: „die Existenz sichern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen, einen individuellen Rechtsanspruch darstellen, sowie ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert werden.“

58 Prozent der Befragten halten BGE für sinnvoll

Längst hat sich in Deutschland ein „Netzwerk Grundeinkommen“ gebildet, das im Dezember 4.921 Personen und 127 Organisationen als eingetragene Mitglieder hatte. „Eine repräsentative Umfrage der Splendid Research GmbH zum Grundeinkommen ergab, dass 58 Prozent der Befragten in Deutschland die Einführung eines Grundeinkommens für sinnvoll halten. Im Durchschnitt halten die 1.024 Befragten im Alter von 18 bis 69 Jahren einen Betrag von 1.137 Euro für angemessenen. Das ist fast exakt die Höhe der momentanen Pfändungsfreigrenze bzw. des Durchschnitts der Armutsrisikogrenzen für Deutschland“, schreibt das „Netzwerk Grundeinkommen“ auf seiner Homepage. Gleichzeitig veröffentlicht es eine Reihe von Links zu den verschiedenen Modellvorschlägen für das BGE. „Sie unterscheiden sich in der Höhe des Grundeinkommensbetrags, in den Quellen seiner Finanzierung, in der Art und Größe der Einsparung anderer Transferzahlungen, im Verhältnis zu den Sozialversicherungen, bei arbeitsmarkpolitischen Regulierungen und in vielen weiteren Einzelheiten.“

Gigantische Kosten

Ein Blick auf die Links zeigt: die Kosten der Vorschläge belaufen sich häufig auf 700, 800 oder noch mehr Mrd. Euro pro Jahr. So beläuft sich das Konzept der „Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Grundeinkommen“ der Partei „DIE LINKE“ laut deren Angaben auf Kosten von 447 bis 863 Mrd. Euro. Dabei sollen Bürger ab 16 Jahren 1.080 Euro pro Kopf bekommen, Jüngere 540 Euro. Zudem sollen die Kranken- und die Pflegeversicherung kostenfrei sein, wenn es außer dem BGE kein Einkommen gibt. Finanziert werden sollen die Kosten durch eine Abgabe von 33,5 Prozent auf alle Bruttoprimäreinkommen, Sachkapital- Primärenergie- Luxusgüterumsatzabgabe. Das Primäreinkommen ist jenes Einkommen, das sich aus dem Marktprozess ergibt und daher auch als Markteinkommen bezeichnet wird. Zudem soll es nur noch eine Einkommenssteuerklasse geben. Andere Vorschläge, wie das „Solidarische Grundeinkommen“ der SPD Rhein-Erft beläuft sich auf Ausgaben von 731 Mrd. Euro, oder das „Existenzgeld“ der BAG SHI (Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfe-Initiativen) auf 873 Mrd. Euro.

Astronomische Ausgaben

Man könnte die Kosten auch einfach berechnen: Angenommen man nimmt 800 Euro pro Kopf. Bei 82,67 Mio. Einwohnern in in Deutschland und zwölf Monaten ergeben sich daraus Kosten von 793,6 Mrd. Euro pro Jahr. Allerdings dürfte es vielen Deutschen, gerade in den Metropolregionen, ziemlich schwer fallen, mit 800 Euro pro Monat über die Runden zu kommen. Bei 1.000 Euro wären es 992,0 Mrd. Euro, bei lediglich 500 Euro wären das 496,0 Mrd. Euro. Wie gigantisch jedwede dieser Zahlen ist, zeigt ein Vergleich mit dem Bundeshaushalt für 2018: Laut den Planungen beläuft er sich auf 337 Mrd. Euro. Davon entfallen rund 140 Mrd. Euro auf den Bereich Arbeit und Soziales, mit weitem Abstand vor dem Bereich Verteidigung (38,5 Mrd. Euro). Die Kosten für das BGE würden sich also leicht auf das Doppelte der jährlichen Ausgaben des Bundes belaufen, oder fast das Fünffache der Ausgaben für den Bereich Arbeit und Soziales.

Noch ein paar Zahlen

Gleichzeitig belaufen sich die Ausgaben der Bundesländer auf rund 350 Mrd. Euro pro Jahr. Die Ausgaben für das BGE wären also mindestens so groß, wie die Ausgaben des Bundes und der Länder zusammen. Wenn man aber die gesamten Einnahmen des Bundes in das BGE stecken würde, gäbe es kein Geld für alle anderen Posten des Bundeshaushalts, wie Verteidigung, Verkehr und digitale Infrastruktur, Zinsen für die Schulden (22 Mrd. Euro pro Jahr), Bildung und Forschung, Gesundheit, Familie, Inneres usw.. Trotz dieser immensen Kosten halten viele Anhänger der Idee an ihr fest, weil man angeblich alles irgendwie anders finanzieren könne. Dazu ein paar weitere Zahlen: Der größte Einnahmeposten des Bundes, die Umsatzsteuer, beläuft sich auf rund 90 Mrd. Euro jährlich, die Lohnsteuer auf 83 Mrd. Euro, und die Energiesteuer auf 36 Mrd. Euro. Trotz dieser immensen Einnahmen sehen sie im Verhältnis zum BGE einfach nur mickrig aus. Anders ausgedrückt: Es ist absolut nicht ersichtlich, wie man ein BGE finanzieren könnte.

Das BGE mag sich auf den ersten Blick als tolle Idee anhören, demnach jeder Bürger vom Staat 1.000 Euro pro Monat bekommen könnte, ohne dafür arbeiten zu müssen. Das würde viele Leute allerdings nicht gerade zum Arbeiten animieren. Außerdem ist das BGE völlig unbezahlbar. Das dürfte allerdings etliche Politiker und andere Verfechter der Idee nicht davon abhalten, weiter von ihr zu träumen.

von Egmond Haidt

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