Von Elke Partovi: Die Idee ist verlockend: 1000 Euro garantiertes Grundeinkommen für jeden, vom Baby bis zum Greis. Im Gegenzug entfallen alle Sozialleistungen und Steuervergünstigungen. Johannes Pelzel aus Landau ist von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens überzeugt. Er hat einen Landesverband mitgegründet.

Um das bedingungslose Grundeinkommen bei der Bundestagswahl im September auf den Stimmzettel zu bringen, werden in Rheinland-Pfalz mindestens 2000 Unterstützer-Unterschriften gebraucht (wir berichteten). Morgen Vormittag hat das Bündnis Grundeinkommen (BGE) einen Stand auf dem Landauer Rathausplatz und wirbt um Mitdenker. Denn Denkprozesse anstoßen und eingetretene Pfade verlassen, das ist es, was den Ex-Waldorfschullehrer Johannes Pelzel aus Landau antreibt.

Der ebenso dynamisch wie sympathisch wirkende 70-Jährige weiß sehr wohl, dass die meisten Deutschen das bedingungslose Grundeinkommen für eine verrückte Idee halten und gleich von vorneherein abwinken. „Wie soll das denn gehen? Dann schafft ja keiner mehr was“ – so lauten Reaktionen von Skeptikern.

„Der Begriff bedingungsloses Grundeinkommen ist mir zum ersten Mal 2005 bei einem Seminar zum Thema Arbeit und Einkommen begegnet“, berichtet Pelzel. Referenten waren damals Götz Werner, Gründer der Drogeriemarktkette dm und Deutschlands bekanntester Verfechter der Grundeinkommensidee, sowie der inzwischen verstorbene Wirtschaftsexperte Benediktus Hardorp.

Pelzel: „Was für mich faszinierend war: dass zuallererst mal gar nicht Geld oder Finanzen eine Rolle gespielt haben, sondern die Frage: Wenn Ihre Existenz gesichert wäre, würden Sie aufhören zu arbeiten?“ Die meisten Menschen, die Pelzel seither mit dieser Frage konfrontiert, sagen: „Ja, ich würde arbeiten, aber nur noch das, was mir wirklich Spaß macht.“

„In unseren Köpfen steckt immer noch das Bild: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, sagt Pelzel. Aber ein garantiertes Grundeinkommen bedeute ja nicht, dass keiner mehr arbeiten gehe. Im Gegenteil. Der verlockende Aspekt sei die Möglichkeit, „das zu tun, was man tatsächlich will“. Etwa seine kreativen Talente neu entdecken oder eine Arbeit zu ergreifen, in der man wirklich Erfüllung findet. „Hartz IV ist offener Strafvollzug“, zitiert Pelzel den dm-Chef. Denn nach der Idee des Grundeinkommens soll sich der Mensch frei entfalten können und nicht mehr verpflichtet sein, eine verhasste, schlecht bezahlte Arbeit anzunehmen. „Wir müssen“, so Götz Werner vor Jahren in einem Interview mit dem „Spiegel“, „den Begriff Arbeit völlig neu denken: nicht als etwas, wofür man Geld bekommt, sondern als etwas, was ich tue, weil ich es will, kann und es mir Spaß macht.“

Pelzel ist davon überzeugt, dass sich dann viel mehr Menschen als jetzt gemeinnützig engagieren würden, „beispielsweise bei der Caritas oder im Eine-Welt-Laden“. So weit, so gut. Aber wie wird es sich tatsächlich auswirken, wenn – das bedingungslose Grundeinkommen für jeden Bürger vorausgesetzt – im Gegenzug sämtliche Segnungen des Sozialstaats definitiv wegfallen: Hartz IV, Kindergeld, Wohngeld, Sozialhilfe, Zuschüsse für dies und jenes, Steuerabsetzungsmöglichkeiten? „Die Finanzierung“, sagt Pelzel, „ist die nächste Diskussion, die wir führen müssen. Götz Werner macht immer deutlich, dass wir wahrscheinlich über eine Steuererhöhung nachdenken müssen. Er nennt das Konsumsteuer.“ Wie hoch die dann sein würde? „Das sind genau die Fragen, die wir jetzt anstoßen müssen“, betont Pelzel. „Momentan gibt es x Modelle, die getestet werden.“

Bislang ungeklärt sei auch die Finanzierung der Krankenversicherung. Pelzel macht deutlich, dass die Befürworter auf viele Fragen noch keine konkreten Antworten haben. Jetzt gehe es erst mal darum, die Idee voranzutragen und neues Denk-Terrain zu betreten.

INFO

www.rp-buendnis-grundeinkommen.de

—Johannes Pelzel, Telefon 06341 9600350

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