Grundeinkommen für alle

Markus Härtl kandidiert bei der Bundestagswahl für das Bündnis Grundeinkommen, das vorerst nur eine Diskussion anregen will.
Von Eva Gaupp

Markus Härtl ist Präsident des WLF, des Forums für wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zukunftsfragen.

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten jeden Monat 800 Euro auf Ihr Konto überwiesen, vom Staat, einfach so. Das ist das Grundprinzip des bedingungslosen Grundeinkommens. Der gebürtige Deininger Markus Härtl ist von dem Konzept überzeugt und hat vor einem Jahr zusammen mit Gleichgesinnten das „Bündnis Grundeinkommen“ (BGE) gegründet. Es ist die erste deutsche Ein-Themen-Partei, die es innerhalb von rund zwölf Monaten nicht nur geschafft hat, in allen Bundesländern einen Landesverband aus der Taufe zu heben, sondern nun auch zur Bundestagswahl zugelassen zu werden.

Die Partei stellt keine Direktkandidaten auf, es ist eine reine Zweit-Stimmen-Kampagne, die das Bündnis fährt. Der 44-jährige Härtl steht selbst auf Platz acht, weil seine Familie und er sich vor einem Jahr entschieden haben, überwiegend in der Schweiz zu leben – bis dahin hatten seine Frau, er und die drei Kinder teils in Neumarkt und teils in Werdenberg gelebt.

„Das erste Ziel haben wir schon erreicht – wir stehen auf 60 Millionen Wahlzetteln“, sagt Härtl. Das zweite „Traumziel“ wäre, am 24. September 0,5 Prozent der Stimmen zu bekommen, denn dann käme die Partei in den Genuss der gesetzlichen Parteienfinanzierung und könnte auf umfangreichere Ressourcen zurückgreifen. Doch das ist Zukunftsmusik. Genauso wie das bedingungslose Grundeinkommen.

„Wir wollen es gar nicht von heute auf morgen einführen“, stellt der 44-Jährige klar. Es gehe darum, eine Diskussion anzustoßen bzw. wieder in Gang zu bringen, um die Gesellschaft aufzurütteln, Parteien wie die FDP und Grüne oder der Gründer der dm-Drogerie, Götz Werner, hätten das Thema Grundeinkommen schon in die Diskussion gebracht. Die Wirtschafts- und Sozialsysteme müssten sich verändern, um die Anforderungen der Zukunft zu meistern.

Eine davon ist die Industrie 4.0, wie Härtl die digitale industrielle Revolution nennt. Durch den technischen Fortschritt nehme die Zahl der Arbeitsplätze ab, sagt der gelernte Schreiner, der zuletzt als Verkaufsleiter und Geschäftsführer in der Möbelbranche tätig war. Beispielsweise machten selbstfahrende Lkw in einigen Jahren Lkw-Fahrer überflüssig, auch Juristen brauche es nicht mehr in der jetzigen Zahl, wenn Algorithmen ausrechneten, ob man bei einem Rechtsproblem vor Gericht Aussicht auf Erfolg habe.

Das Grundeinkommen soll jeder Mensch erhalten, unabhängig vom Alter und unabhängig von der Bedürftigkeit, Senioren und Babys, Millionäre und Arbeitslose. Die Höhe ist je nach Modell variabel und bewegt sich zwischen 650 und 1500 Euro, werde sich aber wohl zwischen 800 und 1000 Euro einpendeln, sagt Härtl.

Das seien jedoch Details, die die Politiker letztlich aushandeln müssten. Ebenso wie die Finanzierung über Steuern. Wobei Markus Härtl sagt: „Das Geld fließt ja heute schon, es würde nur gleichmäßiger verteilt“. Denn alle Sozialleistungen würden auf das Grundeinkommen angerechnet. Das Bündnis Grundeinkommen befasst sich aber nicht mit der konkreten Finanzierung – es will dazu anstiften, über die Zukunft nachzudenken: „Wir müssen uns fragen, wie wir in Zukunft arbeiten und leben wollen“.

Er sei am Anfang auch sehr skeptisch gewesen, gibt Härtl ganz offen zu. Doch inzwischen habe ihn die Idee überzeugt. Sie nehme den Druck aus dem Arbeitsleben, reduziere stressbedingte Krankheiten, heute schlecht bezahlte Jobs würden durch das Grundeinkommen wieder attraktiv, auch die Arbeit von Hausfrauen und Hausmännern – seit 2006 zählt der 44-Jährige selbst dazu – werde durch die Bezahlung anerkannt, Armut werde abgeschafft. „Für uns ist das eine langfristige Vision.“

Markus Härtl hat sich auch für die Volksabstimmung in der Schweiz zum Grundeinkommen engagiert.

In Finnland soll das Grundeinkommen getestet werden.

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